LESEPROBE 3

Kapitalistische Eigentumsformen als Folge kapitalistischen Geldes

   „Karl Marx behandelt den Kapitalismus als ein Problem der Produktionsverhältnisse: Die Produktionsverhältnisse werden bestimmt durch das Privateigentum an den Produktionsmitteln. Dieses Privateigentum an den Produktionsmitteln trennt die Arbeiter von den Bedingungen für die Verwirklichung ihrer Arbeit. ... So war für Marx der Kapitalismus ein Syndrom, das seinen Herd in den Strukturen des Privateigentums an Produktionsmitteln hatte.

   Die Deutung des Kapitalismus als Ausgeburt des Privateigentums an Produktionsmitteln ist unzutreffend. ... Vielmehr sorgen ganz bestimmte Eigenschaften des überkommenen Geldes dafür, dass die Marktwirtschaft zur kapitalistischen Ökonomie verformt wird. Und zu den Verformungsprodukten gehört die einseitig kapitalistische Organisationsstruktur der Unternehmungen. Man muss also, will man das Problem nicht bloß vom Symptom her packen, beim Geldsystem ansetzen. ...

   Marx hatte auch selbst schon sehr genau beschrieben, dass das Geld nicht irgendeine beliebige Ware sei, sondern eine ganz besondere Rolle spiele. ...

   Unter den Bedingungen des kapitalistischen Geldes haben sich Eigentumsformen herausgebildet und wurden gesetzlich kodifiziert bzw. anerkannt, bei denen der Kapitalgeber das letzte Wort hat. So ist denn der Kapitalismus am Ende nicht auf die Eigentumsformen, sondern die kapitalistischen Eigentumsformen sind auf das kapitalistische Geld zurückzuführen.

   Wer also den Kapitalismus abschaffen will, indem er die Eigentumsformen umstürzt, beschäftigt sich nur mit dem Symptom. Wer den Kapitalismus radikal angehen will, also nicht nur oberflächlich, sondern bei seinen Wurzeln, der muss beim Geld ansetzen.“

Prof. Dr. Dieter Suhr
Der Kapitalismus als monetäres Syndrom - Aufklärung eines Widerspruchs
in der Marxschen Politischen Ökonomie
Frankfurt/M. 1988, S. 5 und 62-63.